
Sexocorporel
Dein Körper als Schlüssel zur sexuellen Gesundheit
Warum Sexocorporel? Sexualität ist lernbar – sie ist formbar, erfahrbar und beeinflusst von Körper, Wissen, Erleben und Beziehung. Das Modell Sexocorporel hilft dir, Themen zu erkennen und vernetzen, Lust zu erleben und deine sexuelle Gesundheit aktiv zu fördern. Wir nutzen Sexocorporel, weil es ein praktisches, körperbasiertes Modell ist, das sexuelle Gesundheit ganzheitlich betrachtet.
Sexocorporel im Überblick
Wir nutzen Sexocorporel, weil es ein praktisches, körperbasiertes Modell ist, das sexuelle Gesundheit ganzheitlich betrachtet. Das Modell Sexocorporel beschreibt Sexualität als ein Zusammenspiel verschiedener Ebenen, die sich gegenseitig beeinflussen und zusammen das sexuelle Erleben formen. Dabei werden vier Komponenten unterschieden:
- Die Beziehungskomponente
Sie umfasst alle Fähigkeiten, die für eine erfüllende und stabile Beziehung wichtig sind, wie Kommunikation, Bindungsfähigkeit, Vertrauen oder die Fähigkeit, Nähe und Distanz auszubalancieren. - Die physiologische Komponente
Hier geht es um die körperlichen Grundlagen der Sexualität, etwa die Entstehung von Erregung, die Durchblutung, Hormone oder die Funktion der Sinnesorgane. Wichtig ist dabei auch die Frage, wie der Körper im Laufe des Lebens gelernt hat, sexuell zu reagieren und welche Muster sich dabei verfestigt haben. - Die sexodynamische Komponente
Diese Komponente befasst sich mit dem inneren Erleben von Sexualität. Dazu gehören Fantasien, sexuelle Präferenzen, Geschlechtsidentität, sexuelle Orientierung und die Art und Weise, wie man sich selbst als sexuelles Wesen wahrnimmt. - Die kognitive Komponente
Hier stehen Wissen, Überzeugungen und Werte im Vordergrund. Mythen über Sexualität, gesellschaftliche Normen, persönliche Glaubenssätze oder moralische Vorstellungen können das sexuelle Erleben sowohl fördern als auch einschränken.
Diese vier Komponenten wirken nie isoliert, sondern beeinflussen sich gegenseitig. So kann sich beispielsweise eine Person, die sich in ihrem Geschlecht oder ihrer Rolle nicht zugehörig fühlt (sexodynamische Komponente), mit Erektionsproblemen konfrontiert sehen (physiologische Komponente).
Um diese Zusammenhänge tiefer zu verstehen und zu verändern, werden im Sexocorporel zusätzlich die drei Dimensionen des Körpers betrachtet:
- Raum (wie viel bewegst du dich während deiner Selbstbefriedigung oder deiner Paarsexualität?)
- Tonus (wie angespannt oder locker bist du während deiner sexuellen Handlungen und wo nimmst du dies in deinem Körper wahr?)
- Rhythmus (wie schnell oder langsam muss deine Stimulation sein, damit sie für dich lustvoll ist?)
Anhand der 3 Dimensionen des Körpers, werden in der Therapie die eigenen Verhaltensweisen aufgedeckt und reflektiert.
Ein einfaches Alltagsbeispiel macht dies anschaulich: Stell dir vor, dein Zug hatte Verspätung und du musst deinen Anschluss erwischen. Wie bewegst du dich?
- Wie angespannt bist du?
- Wie schnell legst du die Schritte zurück?
- Sind deine Bewegungen eher kompakt, gehetzt, oder schwungvoll, dynamisch und grazil?
Und was nimmst du in diesem Zustand von deiner Umgebung wahr? Wahrscheinlich eher wenig – dein Fokus liegt auf dem Ziel, deine Schritte sind angespannt und zielgerichtet.
Vergleichen wir das nun mit einem gemütlichen Spaziergang im Park:
- Wie bewegen sich Körper und Muskeln? Entspannt, locker, vielleicht leicht federnd?
- Welche Qualität haben deine Schritte – eher dynamisch und leicht, oder ruhig und gleichmäßig?
- Und was nimmst du jetzt von der Umgebung wahr? Wahrscheinlich mehr Details: Vögel, Blumen, Sonne, Geräusche und Gerüche.
Dieses Phänomen können wir auch in der Sexualität beobachten. Je mehr wir unsere Wahrnehmung durch einen entspannten Tonus öffnen, desto genussvoller wird Sexualität empfunden.
Zusammenfassend zeigt das Modell Sexocorporel, dass Sexualität nichts Starres ist, sondern sich entwickeln und entfalten kann. Durch die Betrachtung der vier Komponenten und das bewusste Erleben der drei Dimensionen des Körpers lassen sich individuelle Lernschritte gestalten, die das bestehende sexuelle Repertoire erweitern. Auf diese Weise wird Sexualität nicht nur kognitiv verstanden, sondern auch körperlich erfahren und verankert. Das macht den Ansatz so wertvoll: Er setzt an dem an, was bereits vorhanden ist, und eröffnet gleichzeitig neue Möglichkeiten für ein erfüllteres sexuelles Erleben.
Dominique Tanner, 21.09.2025